Selbstwertgefühl erhöhen

Kinder mitwirken und mithelfen lassen…

Wie vermitteln wir den Kindern und Jugendlichen, dass sie Teil eines Ganzen sind: Einer Familie, einer Klasse, einer Gemeinde… Und für diese Gemeinschaft von Bedeutung sind und ihr Beitrag zählt?

Wenn wir Fortschritte machen, Erfolge erzielen und uns Kompetenzen erwerben, wächst unser Selbstvertrauen. Unser Selbstwertgefühl entwickelt sich, wenn wir uns als Teil einer Gemeinschaft erleben. Wenn wir ein Umfeld haben, in dem wir uns angenommen fühlen und mit unseren Schwächen und Defiziten akzeptiert werden.

Erfreulich ist, dass in unserer heutigen Welt die Kinder in der Regel viel mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit erhalten als in früheren Zeiten. Heutige Eltern versuchen möglichst viel Zeit mit ihrem Kind zu verbringen und es in seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen. Dennoch ist etwas verloren gegangen oder kommt zumindest zu kurz: Wir geben unseren Kindern und Jugendlichen kaum mehr Gelegenheit, etwas zur Gemeinschaft beizutragen. Sie stehen fast immer auf der Seite der Empfangenden, der Konsumierenden. Unser Sinn für das «Wir-Gefühl» kann jedoch nur wachsen, wenn wir auch auf der Seite des «Gebenden» stehen. Wenn Kinder und Jugendliche merken, dass andere ihre Hilfe, Unterstützung oder einfach ihren Beitrag, sei er auch noch so bescheiden, brauchen und sich darüber freuen. Wenn sie spüren, dass andere ihnen etwas zutrauen und sie mitwirken lassen, stärkt dies ihr Selbstwertgefühl merklich.

Verschiedene Studien bestätigen, dass Helfen Kinder stärkt und glücklich macht und demzufolge das Gefühl der sozialen Eingebundenheit fördert. Einige Beispiele:


  • Ehrenamtlich Tätige entwickeln einen höheren Selbstwert und Selbstvertrauen (Harlow & Cantor, 1996).
  • Jugendliche, die sich mindestens eine Stunde pro Woche ehrenamtlich betätigen, haben ein 50% niedrigeres Risiko, Alkohol oder Zigaretten zu konsumieren oder im Teenageralter schwanger zu werden (Latham, 2003).
  • Ehrenamtliche Tätigkeiten in der Jugendzeit sagen schulische Leistungsfähigkeit und prosoziales Verhalten vorher und stärken die intrinsische Arbeitsmotivation (Zaff et al., 2003; Kirkpatrick et al., 1998).
  • Ehrenamtlich Tätige haben und entwickeln über die Zeit grössere Lebenszufriedenheit und bessere Gesundheit als Personen, die sich nicht engagieren (Van Willigen, 2000).
  • Studierende erhielten eine kleine Geldsumme. Wurden sie angewiesen, diese für jemand anderen auszugeben, waren sie am Ende des Tages glücklicher als wenn sie angewiesen wurden, sich selbst etwas zu kaufen (Dunn und Kollegen, 2008).

All die eindeutig positiven Resultate der Studien sind logisch nachvollziehbar, weil Helfen die Belohnungszentren des Gehirns aktiviert (Dopamin wird ausgeschüttet, was zu einem Glücksgefühl führt).

Kinder und Jugendliche haben durch Helfen die Chance, in eine Position der Verantwortung zu kommen, was wiederum den Selbstwert stärkt. Versuchen Sie als Bezugsperson auf ein Gleichgewicht zwischen «Geben» und «Nehmen» zu achten:

Ich werde von Eltern oft gefragt, wie denn dieses Gemeinschaftsgefühl, dieses familiäre «Wir-Gefühl» gestärkt werden kann. Fakt ist, dass sich Kinder, im speziellen Jugendliche, heutzutage relativ nutzlos vorkommen. Es besteht ein gewisser Mangel an Sinn, in ein familiäres Gefüge eingebettet zu sein. Machen wir den Vergleich zu früher, werden auch die Gründe ersichtlich: Da gab es noch nicht all die technischen Geräte und Hilfsmittel, welche uns heute den Alltag erleichtern. Mithilfe im Haushalt war an der Tagesordnung, begonnen beim Tisch decken, dem Abwasch, dem Abtrocknen usw., wo auch schon jüngere Kinder mithelfen konnten. Oder denken wir an die Grossfamilien/Bauernfamilien: Da war klar, dass sich die älteren Geschwister um die jüngeren Geschwister gekümmert haben. Anders hätte der Familienalltag gar nicht funktionieren können, da die Eltern stark bei der Arbeit eingespannt waren. Durch das Mithelfen sind die Kinder und Jugendlichen automatisch in eine Position der Verantwortung gekommen, was wiederum den Selbstwert und das Selbstvertrauen stärkte. Heutzutage müssen wir da tatsächlich erfinderischer werden, und jede Familie muss für sich herausfinden, was sich stimmig anfühlt und auch machbar ist.

Einige Tipps, wie Sie im kleinen Rahmen damit beginnen können:


  • Rollenumkehr: Haben Sie den Mut, sich als Vater und Mutter darauf einzulassen! Fragen Sie Ihr Kind auch mal um Rat und bedanken sich bei ihm. Lassen Sie es bei einer Entscheidung mitentscheiden. Je anspruchsvoller die Hilfeleistung vom Kind, desto förderlicher für sein Selbstwertgefühl.
  • Familienkonferenz: Je nach Bedarf einmal monatlich oder auch öfter, wo jedes Familienmitglied gleichwertig seine Anliegen anbringen kann. Da können auch verbindliche Vereinbarungen getroffen werden, Pläne geschmiedet und Projekte diskutiert und beschlossen werden.
  • Gemeinsame Familien-Projekte: Ein schönes Beispiel dazu von einem 14jährigen Teenager, der nicht mehr sonderlich motiviert war, den jährlichen Sommerurlaub gemeinsam mit seinen Eltern zu verbringen. Nach langen Diskussionen rangen sich die Eltern schliesslich dazu durch, dem Sohn die Planung und Organisation des Urlaubs zu überlassen – natürlich mit Angabe eines Budgets… Indem sie ihm diese Verantwortung übergaben und ihm Vertrauen schenkten, ging der Sohn hochmotiviert an die Sache heran, und es entstand dann ein toller Urlaub für die ganze Familie. Die Eltern waren überrascht und stolz und haben danach zugegeben, dass sie ihm dies nicht unbedingt zugetraut hätten. Sie können sich vorstellen, wie förderlich dies für den Selbstwert und das Selbstvertrauen des Sohnes war, und nebenbei hat er auch noch viel Nützliches für später gelernt.

Indem Sie die Anliegen Ihres Kindes ernst nehmen, schenken Sie ihm automatisch Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Etwas Wertvolleres und Besseres zur Stärkung des Selbstwerts gibt es kaum.